Liebe Fangemeinde!
Weil mich das Tragen von Bratwürsten in der letzten Zeit im wahrsten Sinne des Wortes ziemlich auf Trab gehalten hat, mit einiger Verspätung wieder mal ein Bericht aus dem Land der Winkekatzen, Handyanhänger und Toilettenschlapfen, wo man Sojasauce zu Münchner Weißwürsten ißt (wieder eine dunkle Seite der Globalisation) und der Englischen Sprache tagtäglich haarsträubende Grausamkeiten zufügt (wer errät, was Makudonarudo, Datsu Baa, Banira Soosu und Kyandi sind, kann einen Hello-Kitty-Handyanhänger gewinnen!).
Heute möchte ich mich dem Thema zuwenden, dem der Japaner ungefähr 90% seiner Lebenszeit widmet: der Arbeit. Wie es mein Kollege ein wenig lapidar ausgedrückt hat: "Die Japaner arbeiten gerne!" - "gerne arbeiten" heißt übersetzt 10 bis 12 Stunden Arbeit pro Tag, gerne auch mal am Wochenende.
"Pfoah!" Denkt da jetzt der mitteleuropäische Beamte und erschrickt vor den alptraumhaften Zuständen. Aber halt! Nicht so schnell! Wie ich aus mehreren Büchern über Japan erfahren konnte, verbringt zwar der japanische Arbeiter im weltweiten Vergleich am meisten Zeit in der Arbeit, was die durchschnittliche Produktivität in dieser Zeit aber betrifft, findet er sich jedoch im Mittelfeld wieder... im Endeffekt bedeutet das, dass der Japaner (natürlich auch die Japanerin, aber aufgrund der patriarchalisch-machistischen Gesellschaftsstruktur wirklich eher DER Japaner) wie der Europäer seine 8 Stunden arbeitet und 4 Stunden hauptsächlich damit zubringt, nur ja nicht als erster die Arbeitsstätte zu verlassen - denn Fleiß wird ausschließlich über Arbeitszeit, nicht Leistung definiert. Ich stelle mir das in der Praxis ungefähr so vor:

Baustelle in Otemachi. Foto: Coala.
Auch die japanische Bevölkerung wird in den letzten Jahren von der Geißel steigender Arbeitslosigkeit geplagt - aber im Gegensatz zu anderen Ländern, wo nur lautstark über Beschäftigungsoffensiven diskutiert wird, kann man hier deren reale Umsetzung an jeder Straßenecke beobachten. Geschätzte 10 Prozent der japanischen Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter arbeitet als Straßen- oder Reklameschild bzw. als Wegweiser und weitere 5 % werden dafür bezahlt, dass sie Passanten anschreien.

Ok, er arbeitet als Wegweiser - aber dafür hat er ein Lichtschwert!
Es ist ein erschütternder Anblick, unter welch menschenverachtenden Bedingungen die Bewohner einer der reichsten Industrienationen der Welt schuften müssen:

Eine unwürdige Jobkombination aus Reklametafel und Marktschreier.